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Das Entwurfsstudio Innenarchitektur im 4. Semester, unter der Leitung von Patricia Hepp und Neil Harkess, beschäftigt sich mit prozessorientierten experimentellen Entwurfsmethoden. Im Fokus steht der gestaltete Raum um die Person, die Umhüllung des Körpers. Diese »Körperhülle« beginnt bei der Kleidung und setzt sich fort in den Raum hinein, sie betrifft die Umhüllung, die uns haptisch fühlbar umgibt, die Objekte, mit denen wir tagtäglich umgehen und den Raum in dem wir uns bewegen, die Architektur. Es geht um eine kritische Betrachtung unseres Lebensumfeldes, unserer »living units«, die bei der textilen Körperhülle beginnen, aber auch die umgebenden Gegenstände und den architektonischen Raum umfassen. Die Betrachtung, der »point of view« ist dabei von innen, von der Person ausgehend.
In der Untersuchung steht der Zwischenraum zwischen dem persönlichen Selbst und einer anderen Einheit, einer Person oder einem Objekt, der Innenarchitektur oder der umgebenden Architektur. Der meist unbeachtete Raum zwischen zwei Personen oder ihren Körperhüllen wird verortet und sichtbar gemacht.
Zu erforschen gilt die persönliche Vernetzung mit der Umwelt, die Schnittmengen des eigenen Lebensraumes mit dem der Anderen, die Überschneidung von Körperhüllen. Wie definiert sich ein Innen und Außen, wie die Zwischenräume und die Kontaktstellen zum Anderem? Wie durchlässig sind unsere Hüllen, wo gibt es Durchblicke, Fenster, Verbindungswege, Abkürzungen? Welche Handlungen verbinden uns miteinander und lassen uns interagieren? Oft spielt der zeitliche Ablauf hierbei eine Rolle. Es beschreibt sich eine Strecke, vom Einem zum Anderem.Es entstanden life-size Entwürfe, die einen Zwischenraum darstellen oder für die Wahrnehmung von Zwischenräumen sensibilisieren, die ein Modell der Vernetzung, des »Interweaving« der Einheiten darstellen, oder eine Interaktion hervorrufen. Die Projekte wurden in den unterschiedlichen Räumen der Hochschule installiert und präsentiert. Das Arbeitsumfeld der Studierenden wurde durch diese Interventionen temporär manipuliert, um bewusst eine neue Erfahrbarkeit der gewohnten Räume, Wege und Arbeitsabläufe zu provozieren.
Die einzelnen Projekte wurden analog hergestellt. Da es sich um »Körperhüllen« im weitesten Sinne handelt, war der Einsatz von Textilien naheliegend. Für größere raumgreifende Konstruktionen wurden Materialien wie Holz oder Draht eingesetzt. Die Endprodukte sind teils tragbar, teils statisch, teils plastisch fixiert oder ephemer.
Die, im folgenden Katalog vorgestellten Projekte der Studierenden tragen Titel wie »and we’ll meet inbetween« oder »Insights out« und beschreiben die Strecke zwischen zwei Personen auf unterschiedliche Art und Weise, in der Beobachtung von außen, wenn Bewegungsabläufe in ihren Phasen festgehalten werden, oder die persönliche Entscheidung, wieviel Abstand ich in einem bestimmten Gefühlszustand zur anderen Person messen möchte. Ein anderes Projekt mit dem Titel »Waschtag« bezieht sich auf den Bewegungsraum um eine Person, der sich durch dicht gehängte Wäsche in den Korridor und Atelierräumen extrem einschränkt. Der Zwischenraum zwischen den Passanten und der Decke oder der Wand wird hier bewusst erfahren, weil sie sich bücken und beugen müssen um ihre gewohnte Strecke zum Getränkeautomaten zurück zu legen. Das Projekt »knitted space« bezieht sich auf den Zwischenraum zwischen Mensch und Bildschirm, der durch einen Strickschlauch ummantelt wird und dadurch zur Privatsphäre wird. Das Kleid »the inner child« stellt zwischenmenschliche Erfahrungen der Kindheit heraus, die erst durch die Bewegung im Kleid sichtbar werden.
Präsentiert wurden die Projekte der 17 Kurs-Teilnehmer, in Form einer bewegten Ausstellung. Das Publikum begab sich auf einen Parcours und wurde von Station zu Station geführt. In den verschiedenen Räumen und Korridoren der Hochschule wurden die einzelnen Modelle in ihrer Aktion vorgeführt. Ein auf den Boden geklebtes Leitsystem gab den Weg vor, und jedes Projekt wurde durch die Moderation betitelt und teils beschrieben. Nach diesem Rundgang konnte man sich bei einem Umtrunk noch detailliertere Informationen bei den Studierenden zum Projekt geben lassen.
Diese Präsentation wurde als Gestaltungsaufgabe wahrgenommen und vom ganzen Team konzipiert und geplant. Hierbei arbeiteten Alle für das Ganze, jeder bewältigte einen anderen Teilbereich, wie die Gestaltung des Performance-Raumes, die Musik dazu, das Licht, die Choreographie, die Moderation, wie die Zuschauersituation, die Ankündigung durch Plakate, wie die Dokumentation durch Foto und Film. Auch die Verköstigung der Gäste war Teil der Designaufgabe. Die Modelle wurden teils von den Studierenden selbst vorgestellt, dankenswerterweise von anderen Studierenden unterstützt.
Das Hauptprojekt wurden in verschiedenen Rechercheaufgaben vorbereitet. Es wurde in fotografischen Beobachtungen der Frage nachgegangen, wie die Zwischenräume aussehen, z.B. was sich zwischen zwei Personen befindet. In Form einer fotografischen oder filmischen Darstellung wurden die Verbindungswege vom Einem zum Anderem beschrieben.
Es folgte ein praktisches Experimentieren mit Textil um den Zugang und Umgang mit dem Material der »Körperhüllen« zu erfahren. Hier wurde zum einem konzeptionell, zum Anderem auch formal formbildend gearbeitet und fotografisch dokumentiert. Das Interagieren im Team wurde in einem gemeinsam vorbereiteten Dinner auf die Probe gestellt. Das miteinander Kochen und miteinander Speisen war hier als Gestaltungsaufgabe wahrgenommen.
Die Fotos der einzelnen Projekte im Katalog stammen von Craig Dillon, der mit den Studierenden gemeinsam daran arbeitete den Entwurf mit dem Konzept bestmöglich zu kommunizieren.